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Im Zuge einer sich immer weiter verdichtenden Geschäftswelt werden traditionelle Frameworks wie Management by Objectives (MBO) zunehmend fragwürdig. Nicht transparent genug, zu träge, zu ineffektiv, so die gängigen Vorwürfe an die überalterte Managementstrategie. An die Stelle der kritisierte Methode tritt zunehmend Objective Key Results (OKR). Nicht zuletzt deshalb, weil Unternehmen wie Intel oder Google auf diese aktuelle Managementstrategie setzen.
In zunehmend komplexeren Unternehmenssituationen werden in allen Branchen, unabhängig von der Grösse des Betriebes, die Mängel von MBO immer wieder offensichtlich. Stattdessen gehen immer mehr Unternehmen zu OKR über, das als Modernisierung und Verbesserung des Zielmanagements verstanden wird. Und zwischen beiden Methoden bestehen nicht nur deutliche, sondern gravierende Unterschiede.
Alles zum Thema Leistungsmanagement finden Sie hier: Ziele setzen mit Goals, KPIs und OKRs: die grosse Übersicht
Thema Leistungsmanagement
MBO als traditionelle Unternehmensführung
Management by Objectives (MBO), so die vollständige Bezeichnung des etablierten Managementsystems. „Führung durch Zielvereinbarungen“ lautet die deutsche Übersetzung des Konzepts, das von Peter Drucker in den 50ern eingeführt wurde, dem Pionier einer modernen Managementlehre. Nach dessen Prinzipien orientieren sich die Tätigkeiten in einem Unternehmen an definierten Zielen, auch Goals genannt. Der Weg, auf dem diese Vorgaben erfüllt werden, ist den Beschäftigten freigestellt, über den Erfolg geben die Resultate Auskunft. Die Ziele werden von der Leitungsebene festgelegt und schrittweise für die untergeordneten Ebenen bis zur letzten Einheit, dem einzelnen Mitarbeiter, formuliert. Die Prinzipien beziehen sich also nicht nur auf die Unternehmensstrategie, sondern auch auf das Leistungsmanagement.
Und was ist OKR?
OKR setzt sich aus den Begriffsteilen „Objectives“, den Zielen des Unternehmens, und „Key Results“ zusammen, den Schlüsselergebnissen. Die Entwicklung des Betriebes und sein Management werden mit Hilfe der Kennzahlen erfasst und dargestellt. Mehreren Zielen ordnet die Methode jeweils zwei bis fünf Schlüsselergebnisse zu. Diese übergeordneten Ziele werden mit hohem Anspruch und qualitativ hochwertig benannt, während die Kennzahlen besonders die Messbarkeit gewährleisten. Auf jeder Ebene einer Organisation können Ziele und Ergebnisse definiert werden: Für die Performance des ganzen Unternehmens, für eine Abteilung oder für einen einzelnen Mitarbeiter. Ausserdem sind die Vorgaben und Ergebnisse für jeden zugänglich und auf dem Dashboard oder in den Materialien jederzeit einsehbar.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Zunächst erscheinen die beiden Methoden doch sehr ähnlich. Die beiden Frameworks organisieren die Tätigkeiten durch Ziele, die sie zuvor festgelegt haben. Auch beziehen sich beide Modelle auf alle Ebenen eines Betriebes. Aber auf den zweiten Blick ergeben sich deutliche Unterschiede. Die Ziele sind bei der etablierten Methode meist nur quantitativ formuliert, bei OKR steht die Messbarkeit der Resultate im Vordergrund. Und besonders die Zielerreichung ist hier der wesentliche Aspekt der Beurteilung, denn die Ziele sind im Detail strukturiert. Für das Management by Objectives hingegen ist nur das Resultat von Bedeutung. Dieser besondere Unterschied zwischen den beiden Prinzipien betrifft nicht nur die Technik der Zielsetzung. Auf allen Ebenen des Unternehmens sind die Auswirkungen der unterschiedlichen Ansätze vielmehr deutlich erkennbar.
Management oder Coaching?
Bei der traditionellen Unternehmensstrategie werden für einen Zeitraum, meist von einem Jahr, die Ziele festgelegt und anschliessend von oben nach unten organisiert. Das Management achtet darauf, dass die Mitarbeiter im Sinne der Vorgaben handeln. Nach Ablauf der Periode wird gemessen, ob und in welcher Weise das Ziel erreicht wurde. Das etablierte Verfahren besteht somit im Wesentlichen aus Planung, Steuerung und Kontrolle und ist damit an der klassischen Philosophie des Managements orientiert.
Die OKRs sind hingegen auf den Weg zu den Zielen fokussiert. Mindestens werden die Ergebnisse in jedem Quartal überprüft, sogar wöchentliche Kontrollen sind keine Seltenheit. Auch wird hier immer wieder ein Feedback über die Leistungen der Beschäftigten abgegeben. In Retrospektiven analysiert das Unternehmen, ob Ziele inhaltlich und formal richtig definiert wurden. Und die Ergebnisse werden in die nächste Periode mit aufgenommen. OKRs beachten damit wesentlich intensiver die Entwicklung der Mitarbeiter als das Umsetzen der Zielvorgaben.
Top Down oder Bottom Up?
Aber nicht nur das Erreichen der Ziele, sondern auch ihre Definition geschieht bei den beiden Methoden auf unterschiedliche Weise. Beim Management by Objectives werden die Absichten eines Unternehmens von der Leitungsebene formuliert. Aus diesen Vorgaben ergeben sich die Aufgaben der Abteilungen, der Teams und der einzelnen Mitarbeiter. Der Verlauf der Strukturierung erfolgt also Top Down, von oben nach unten.
Im Falle von OKR hat die Führungsebene die selbe Funktion. Sie ist ebenfalls für die Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich. Und auch hier haben die Festlegungen ihre Auswirkungen auf den gesamten Betrieb, auf jede Ebene mit allen Abteilungen. Aber im Unterschied zum traditionellen Management werden die Beschäftigten ebenfalls aktiv. Sie definieren eigene Ziele und gestalten ihren Aufgabenbereich. Damit findet die Definition der Abläufe nicht mehr nur Top Down statt, sondern auch in der Gegenrichtung, nämlich Bottom Up.
Synergien nutzen im Sinne der Beschäftigten
Die Unterschiede im Management der Ziele und der Performance hat Auswirkungen auf das Zusammenarbeiten von Abteilungen und den Mitarbeitern untereinander. Sind klare und strukturierte Ziele für eine längere Zeit vorgegeben, wie dies traditionell der Fall ist, wird den Beschäftigten ein klares Bild ihrer Aufgaben vermittelt. Der Bedarf für Nachfragen und Abstimmungen ist damit gering, die Angestellten können sich auf ihre Tätigkeiten konzentrieren. Im Fall von OKR werden Ziele ständig weiterentwickelt und mit den Beschäftigten diskutiert.
Bei der Definition qualitativer, ambitionierte Ziele zeigen sich zudem häufig Überschneidungen bei den Aufgaben verschiedener Mitarbeiter oder Abteilungen. Als Reaktion auf diesen Missstand beginnen die Mitarbeiter, ihre Arbeitsbereiche genauer abzustimmen. Synergien werden so genutzt, und die Beschäftigten vermeiden doppelte Arbeit.
Der Zielhorizont und die engmaschige Revision
Der grosse Vorteil der etablierten Methode für die Unternehmensstrategie ist die Verlässlichkeit über einen längeren Zeitraum hinweg. Wenn die Ziele nur einmal jährlich festgelegt und abgefragt werden, ergibt sich zwangsläufig eine Konstanz der Verfahren und Abläufe. Bei einer quartalsweisen Überprüfung, unterstützt von wöchentlichen Meetings, entsteht eine wesentlich höhere Agilität. Damit haben Mitarbeiter und Teams aber auch die Möglichkeit, auf Entwicklungen des Marktes schneller zu reagieren, die Goals neu zu definieren und jederzeit Einfluss auf die Performance zu nehmen.
Die unterschiedlichen Konzepte haben auch Einfluss auf die Kommunikation innerhalb der Betriebe. Wenn MBO hauptsächlich fordert, dass der Mitarbeiter im Sinne der vorformulierten Ziele handelt, ergeben sich auch für die internen Zuständigkeiten Konsequenzen. Die Abteilungen arbeiten im Wesentlichen isoliert. Die Kontrolle über die Zielerreichung erfolgt meist nur durch den jeweiligen Vorgesetzten und den betroffenen Mitarbeiter. Wird hingegen nach OKR verfahren, haben alle Mitarbeiter Einblick und Kontrolle über die Ergebnisse. So entsteht eine effizientere Zusammenarbeit. In kürzeren Intervallen entsteht das nötige Feedback. Nicht nur bei wöchentlichen Besprechungen, Anregungen und Kritik können engmaschiger erfolgen, sogar im Tagesverlauf je nach Anlass.
OKR in Unternehmen implementieren
Trotz der Nachteile des bekannten Verfahrens sind immer noch viele Betriebe nach dieser Managementmethode organisiert. Man denke etwa an eine hierarchisch organisierte Versicherung, an die Stahl- oder Autoindustrie. Allerdings war von diversen amerikanischen Unternehmen zu lesen, darunter auch und besonders IT-Unternehmen, dass in ihnen bereits die Hälfte der Ziele von den Mitarbeitern formuliert wird.
Um OKR in einem Unternehmen zu implementieren, bieten sich verschiedene Möglichkeiten. Wesentlicher Bestandteil ist hier die OKR-Liste mit den zugehörigen Meetings und Funktionen der Beteiligten. In dieser Liste sind alle persönlichen und gruppenspezifischen Ziele aufgeführt, aber auch die Ziele oder Objecives der Firma. Auch die erwarteten Ergebnisse, die Key Results, finden sich hier. Diese OKR-Liste ist für alle Mitarbeiter verfügbar, zum Beispiel auf dem Dashboard bei Meetings oder auch im täglichen Arbeitsablauf.
Vorschläge für die Umsetzung
Bei der Umstellung auf OKR sollte im Kleinen begonnen werden. Zunächst sollte erst eine untergeordnete Einheit, ein Team oder eine Abteilung mit der neuen Methode beginnen. Nach und nach können dann andere Unternehmenseinheiten integriert werden. Denn es ist wenig sinnvoll, durch eine abrupte Umstrukturierung eingespielte Gewohnheiten abzuschneiden und damit Störungen der Abläufe zu riskieren. Planvolles Vorgehen ist hier mehr als anderswo gefordert.
Veränderungen sind auch in betrieblichen Abläufen oft ein sensibles Thema. Fingerspitzengefühl ist gefragt, wenn Funktionen verändert werden, Mitarbeiter von Aufgaben entbunden werden oder ihr Tätigkeitsbereich auch nur eingeschränkt wird. Besonders das Leistungsmanagement betrifft alle Beschäftigten, und so können hier oft Friktionen die Folge sein. Sinnvoll und hilfreich ist meist ein Coach, der über die entsprechende Erfahrung verfügt und mit einem ausreichenden Abstand zum Betrieb agieren kann.
Unter Umständen ist bereits ein Team im Unternehmen mit Kanban oder Scrum vertraut. Dies kann ein Einstieg in die Umstellung der Managementsysteme sein. Und auch der Teamleiter sollte dann über die entsprechende Einstellung verfügen und auf Mitarbeiter vorbereitet sein, die nun mit ihren Vorschlägen die Abläufe mitgestalten.
Ein Fazit
Die beiden Methoden, ein Unternehmen zu organisieren, unterscheiden sich nicht nur in technischen Fragen. Man sollte vielmehr von zwei verschiedenen Philosophien ausgehen, einen Betrieb zu führen. MBO steht für Kontrolle, Konstanz und verlässliche Strukturen. Bei OKR ergeben sich als Schwerpunkte Kreativität, Flexibilität und eine verbesserte Kommunikation im Betrieb. Durch die zunehmende Digitalisierung und die beschleunigte Marktentwicklung sind gerade die letztgenannten Merkmale in Unternehmen zunehmend in den Fokus gerückt. Auch dies eine mögliche Erklärung für das zunehmende Interesse an OKR.